Haushaltseinigung und Brexit-Finale Von einer ruhigen Vorweihnachtszeit kann man auf europäischer Bühne derzeit nicht sprechen. Bis mindestens Sonntag verhandeln die EU-Kommission und der britische Premier Boris Johnson immer noch das Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Ob die Gespräche auf den letzten Metern sind oder in einer Sackgasse feststecken, könnte sich am Ende dieser Woche zeigen. Zehn Monate wurde verhandelt, aber erst seit vier Wochen stecken die Verhandlungsteams ihre Köpfe über dem Text zusammen. Fortschritte wurden errungen – doch eine Einigung steht und fällt mit der Übereinkunft in drei kritischen Bereichen: Wer fischt wieviel in britischen Gewässern? Wird sich das Vereinigte Königreich auch in Zukunft an Arbeits- und Umweltstandards der EU halten? Und: Wer schlichtet möglichen Streit? Boris Johnson muss sich bewegen. Sonst steht Chaos bevor und Millionen Menschen werden in Mitleidenschaft gezogen. Das Europäische Parlament muss am Ende über den Vertrag abstimmen. Dafür müssten wir voraussichtlich in einer Sondersitzung zwischen den Jahren virtuell zusammenkommen. Von unseren Heimatorten aus müssten wir dann über das traurige Ende eines folgenreichen Austritts entscheiden. Wenig besinnlich ist auch das Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs, das heute endet. Viele Entscheidungen standen an: Ungarn und Polen hatten den Gesamthaushalt und den Corona-Wiederaufbaufonds blockiert, weil sie die Verknüpfung von EU-Geldern mit der Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien ablehnen. Nun gibt es einen Kompromiss - die Blockade der Rechtskonservativen ist gescheitert. An der künftigen Grundwertebindung von EU-Geldern wird der Verhandlungs-Durchbruch in Form einer einseitigen Erklärung des Rates nichts ändern. Durch die Einigung im Haushaltsstreit ist der Weg nun frei für ein historisches EU-Hilfsprogramm: Regionen werden damit Zuschüsse statt allein Kredite für den Wiederaufbau gezahlt werden können. Das ist ein großer Fortschritt und nicht zuletzt den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der deutschen Bundesregierung zu verdanken! Noch vor ein paar Monaten wäre außerdem die Einigung auf ein schärferes EU-Klimaziel kaum vorstellbar gewesen. Eine gute Nachricht! Dennoch muss die EU auch ihr Zwischenziel für Treibhausgasreduktionen bis 2030 stärker anheben. Zum Schluss noch etwas Vorfreude: Morgen findet das Debattencamp der SPD statt! Wir freuen uns auf spannende Diskussionen. Lasst uns die Veranstaltung nutzen, um dieses schwierige Jahr 2020 mit Motivation, Mut und Gemeinschaftlichkeit abzuschließen. Frohe Feiertage und ein gesundes neues Jahr 2021. Ihr Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten |