 Trotz vieler Debatten und jahrelangen Stillstands ist heute beim Treffen der Innenminister*innen in Luxemburg erneut ein Durchbruch bei der Asylreform ausgeblieben. Die Mitgliedstaaten konnten sich nicht auf eine Verhandlungsposition zum Asyl- und Migrationsmanagement, zu Asylverfahren sowie zur Krisenverordnung einigen. Damit können weiterhin keine Verhandlungen in Kernbereichen der Migrationsreform starten.
Birgit Sippel MdEP, innenpolitische Sprecherin der S&D-Fraktion und Berichterstatterin der Screening-Verordnung: „Es ist eine herbe Enttäuschung, dass die Mitgliedstaaten trotz intensiver Debatten und zur Schau gestelltem Zweckoptimismus nicht zu einer Einigung in zentralen Punkten der Migrationsreform gekommen sind. Angesichts der großen Herausforderungen in der Migrationspolitik von kommunaler bis auf europäischer Ebene zeugt die Handlungsunfähigkeit des Rates davon, dass die Mitgliedstaaten seit Jahren ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Dies ist nicht nur ein desolates Signal für die Zukunft der Asylreform, sondern wirft angesichts des deutschen, aber auch EU-weiten Bedarfs an Arbeitskräften aus Drittstaaten auch einen großen Schatten auf die gesamte Einwanderungspolitik.
Es kann bei aller Dringlichkeit nicht um eine Einigung um jeden Preis gehen. Unsere EU-Verträge und internationalen Verpflichtungen, ja, unsere ach so hochgelobte europäische Lebensweise, stecken einen eindeutigen Rechtsrahmen für ein humanitäres und solidarisches Asylsystem ab. Angesichts der nun gescheiterten Ideen im Rat scheint sich ein Teil der Mitgliedstaaten in Abschottungs- und Inhaftierungs-Fantasien verloren zu haben, statt sich von europäischen Verträgen und der Genfer Flüchtlingskonvention leiten zu lassen. Ich begrüße, dass sich die Bundesregierung, nach intensivem Einsatz für Kompromissfindung, daran nicht beteiligen wollte.
Es stellt sich nun die Frage, ob der Rat und die Mitgliedstaaten zu der Vereinbarung stehen möchten, die sie 2022 mit dem Parlament getroffen haben, um den Asyl- und Migrationspakt bis April 2024 komplett zu verabschieden. Dafür bräuchte es jetzt wohl einen Sitzungsmarathon mit Sonder-Innenminister*innen-Rat noch vor der Sommerpause. Um dort dann eine Einigung zu erzielen, wäre ein schneller Kurswechsel Richtung Menschlichkeit und Solidarität nötig. Inspiration dafür, wie in der Asyl- und Migrationspolitik ein Kompromiss über politische und geografische Grenzen hinweg möglich ist, können sich die Mitgliedstaaten bei uns im Europäischen Parlament holen."
Das Parlament hat die Voraussetzungen für Verhandlungen aller Gesetzesvorschläge mit den Mitgliedstaaten im Rat bereits im April 2023 geschaffen. Der Rat hat bisher nur zur Migrations-Datenbank Eurodac und zum Screening, das irregulär eingereiste Menschen vor dem Asylverfahren registrieren und überprüfen soll, ein Verhandlungsmandat. |