14.03.2022

Europäische Grenzregionen stärken

S&D diskutiert mit Saarländer*innen über Zukunft Europas

Unter dem Titel "Grenzenlos arbeiten - wie sieht unsere Zukunft aus?" diskutierten Mitglieder der Europa-SPD, die S&D-Präsidentin Iratxe García Pérez und EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit am 10. März mit Bürger*innen des Saarlands und der Großregion Saar-Lor-Lux. An der Veranstaltung im Saarbrückener E-Werk beteiligten sich rund 100 Teilnehmende, darunter viele von jenen Arbeitnehmer*innen, die täglich in ein anderes Land zur Arbeit fahren. In der Grenzregion betrifft dies circa 200.000 Menschen. Der Ausbruch der Pandemie hat diese Arbeitnehmer*innen hart getroffen und die Verwundbarkeit der Freizügigkeit in Europa drastisch vor Augen geführt. Zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie wird deutlich, dass die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums zwar langsam wiederhergestellt wird, die grenzüberschreitenden Regionen aber immer noch mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Im Rahmen der Zukunftskonferenz für Europa informierten sich die Abgeordneten der S&D Fraktion im Europäischen Parlament über die Erfahrungen der Menschen, die in grenzüberschreitenden Regionen leben und arbeiten. Nachfolgend sind einige ihrer Ideen zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Mobilität nach der Pandemie zusammengefasst:

  • Freier Grenzverkehr, auch in Ausnahmesituationen und Krisenzeiten: Grenzschließungen, wie sie aufgrund der Pandemie aufgetreten sind, müssen verhindert werden. Sie haben viele Tausende Grenzgänger*innen vor großen Herausforderungen gestellt. Es sollten künftig grenzüberschreitende Mechanismen greifen, die den Grenzgänger*innen ein unbürokratisches Fortführen ihrer Tätigkeit und Lebensweise erlauben. Dazu gehört auch eine bessere Kommunikation zwischen den Behörden etwa im Fall von Quarantäne.
  • Ein überarbeitetes Statut für Grenzgänger*innen: Abkommen, die zwischen mehr als zwei Staaten geschlossen würden, stellten eine Verbesserung für Grenzregionen dar.  Dieses sollte zusammen mit Grenzgänger*innen und Sozialpartnern erarbeitet werden, auf best practices aufbauen und bewährte nationale Rechtsvorschriften mit einbeziehen.
  • Eine Ansprechperson für mobile Beschäftigte: Nach wie vor sind Grenzpendler*innen von Mängeln im Arbeits- und Sozialrecht betroffen. Insbesondere in Bezug auf Sozialleistungen oder Rentenansprüche bestehen administrative Hürden, die es durch verbesserte und weitere europäische Gesetzgebung und einer besseren Koordination zwischen den Mitgliedsstaaten abzuschaffen gilt. Ein Ombudsmann oder eine Ombudsfrau für mobile Beschäftigte wäre ansprechbar für mobile Beschäftigte und spezialisiert auf Fragen des grenzüberschreitenden Lebens und Arbeitens. Ein speziell eingerichteter Nothilfefonds könnte Menschen kurzfristig unterstützen, die aufgrund bürokratisch langwieriger Prozesse Monate lang auf ein Arbeitslosengeld warten.
  • Gewerkschaften stärken: In dem Richtlinienvorschlag für europäische Mindestlöhne sind viele Vorgaben für eine Stärkung der Tarifbindung und eine Stärkung der Gewerkschaften enthalten - die Stärkung der Gewerkschaften ist für mobile Beschäftigte von besonderer Bedeutung, denn sie klären über bestehende Rechte (auch in der Muttersprache der Beschäftigten) auf und leisten wichtige Hilfestellung in Streitfällen.
  • Wohnsituation von mobilen Beschäftigten verbessern: Die Arbeitnehmer*innen-Freizügigkeit ist nicht nur für Grenzgänger*innen ein hohes Gut in der Europäischen Union und eine Errungenschaft. Arbeitnehmer*innen, die zum Beispiel für die Ernte oder für begrenzte Zeiträume innerhalb der EU beschäftigt sind, brauchen gute und faire Arbeitsbedingungen – dazu gehört auch ein angemessener Wohnraum. Nicht zuletzt der Skandal in der deutschen Fleischindustrie im Pandemie-Jahr 2020 hat die Mängel und prekäre Situation vieler Europäer*innen in dieser Situation aufgezeigt.
  • Den grenzüberschreitenden Raum als Chance nutzen: Der Austausch von Jugendlichen und Auszubildenden sollte intensiviert werden. In Grenzregionen ist besonders wichtig, dass auch Auszubildende von den Chancen eines grenzüberschreitenden Arbeitsmarkts profitieren können. Hier müssen Angebote ausgebaut werden und zielgruppengerecht für Betriebe und Schulabsolvent*innen angepasst werden.
  • Zusammenarbeit in Kultur und Bildung stärken: Bürger*innen in Grenzregionen sollten gleichermaßen von den Vorteilen des multi-nationalen Raums profitieren. Dies gilt auch für das Lernangebot, welches länderübergreifend ähnlich aufgebaut sein sollte, um Ausbildung und Studium im Nachbarland zu erleichtern. Eine Angleichung der Ausbildungsvergütung jenseits der Grenzen wäre ein großer Vorteil für junge Menschen in Grenzregionen. Binationale Schulen und Kindertagesstätten tragen zu einem europäischen Miteinander bei.

Am Ende der Veranstaltung schlussfolgerte die arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der Europa-SPD, Gaby Bischoff

"Wenn Menschen mit verschiedenen Alltagserfahrungen zusammenkommen, entstehen großartige, konkrete Verbesserungsvorschläge für die Europapolitik."

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für den wertvollen Austausch. Die Vorschläge der Bürger*innen fließen ein in die Konferenz zur Zukunft Europas, deren vorläufiger Abschluss für den 9. Mai geplant ist.

Mehr Informationen zur Zukunftskonferenz finden Sie hier.

Auf dem Bild: Die mitwirkenden Sprecher*innen und Moderator*innen der Thementische (v. links n. rechts): Lisa Kersch, Marc Angel, Eugen Roth, Reinhold Jost, Gaby Bischoff, Nicolas Schmit, Katarina Barley, Jens Geier, Christine Jung, Timo Stockhorst, Christian Petry, Kira Braun