02.06.2021

"Grenzkontrollen dürfen nicht zur Gewohnheit werden"

Neue Strategie für den Schengenraum

Die Europäische Kommission hat heute ihre Schengenstrategie und eine Überarbeitung des sogenannten Schengen-Evaluierungsmechanismus vorgestellt. Der Innenausschuss hatte in der vergangenen Woche in seinem jährlichen Bericht zur Situation des Schengenraums eine umfassende Reform des Schengener Grenzkodex gefordert.

Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der S&D-Fraktion:
Bereits vor der COVID-19-Pandemie waren der Schengenraum und das grenzfreie Europa immer wieder in Gefahr. Die EU-Mitgliedstaaten haben seit 2015 Grenzkontrollen unter vorgeschobenen Gründen eingeführt und entgegen der geltenden Regeln immer wieder verlängert. Leider hat die EU-Kommission diese Verstöße nie geahndet. Vielen haben erst der Beginn der Pandemie sowie der Flickenteppich an Grenzschließungen und Grenzkontrollen, den die jeweiligen Mitgliedstaaten oft im Alleingang beschlossen haben, deutlich gemacht, dass ein grenzfreies Europa nicht selbstverständlich ist. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass Grenzkontrollen nicht zur Gewohnheit werden.

Die Strategie der EU-Kommission muss einen klaren Weg zu einer umfangreichen Reform des Schengener Grenzkodex aufzeigen. Zudem müssen die richtigen Schlüsse aus der Pandemie gezogen werden, sodass die Mitgliedstaaten auf künftige pandemische Ausnahmesituationen besser vorbereitet sind. Auch die Reform des Schengen-Evaluierungsmechanismus muss die Fehler der Vergangenheit korrigieren und das Parlament auf Augenhöhe mit dem Rat stellen. Es braucht regelmäßige Berichte zur Situation in den Mitgliedstaaten, unangekündigte Besuche der Kommission, um die Lage vor Ort zu prüfen sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, etwaige Probleme schnellstmöglich zu lösen. Bei Rechtsbrüchen darf die EU-Kommission künftig nicht mehr nur zuschauen, sondern muss Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Zuletzt müssen die Mitgliedstaaten endlich ihre Blockade gegen die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengenraum aufgeben, die die Voraussetzung für den Beitritt schon vor Jahren erfüllt haben.

Nötig sind eine europäische Antwort und verbindliche Regeln, insbesondere für die möglichst seltene temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Nur so können wir den Schengen-Raum schützen und das gemeinsame Leben von Menschen in Europa auch bei künftigen Herausforderungen bewahren.“