20.03.2020

"Jetzt evakuieren"

Corona und die griechischen Flüchtlingslager

Die Lage in den griechischen Flüchtlingslagern kommentiert am Freitag, 20. März 2020, Birgit Sippel, innen- und migrationspolitische Sprecherin der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament:

„Wir alle sollten derzeit unsere persönlichen Kontakte minimieren und Abstand zu unseren Mitmenschen zu halten. In den restlos überfüllten Hotspots auf den griechischen Inseln, in denen Tausende Menschen auf engstem Raum leben, ist räumliche Trennung jedoch schlichtweg nicht möglich. Zudem fehlt es an grundlegenden Möglichkeiten zur Hygiene. Es gibt keine Seife oder Desinfektionsmittel und teils nur ein Waschbecken für mehr als 1.000 Menschen. Verschlimmert wird die Situation dadurch, dass der Großteil der geflüchteten Menschen keinen Zugang zum griechischen Gesundheitssystem hat und NGOs nur notdürftig medizinische Versorgung anbieten können. Ein Ausbruch von COVID-19 in einem der Hotspots hätte katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheit tausender Menschen.“

„Die Lager müssen unverzüglich evakuiert werden, angefangen mit besonders gefährdeten Menschen, wie Älteren oder Menschen mit Atemwegserkrankungen. Darunter fallen auch viele Kinder. So berichtet Ärzte ohne Grenzen von über 90 Kindern mit chronischen Erkrankungen allein im Lager Moria. Diesen Menschen könnte im Ernstfall auf den Inseln jedoch nicht geholfen werden, da das Gesundheitssystem vor Ort nicht mal für die lokale Bevölkerung ausreichen würde.“

„Anstatt die Bemühungen zur Umsiedlung nun aufgrund der Gesundheitslage zu verringern oder gar auszusetzen, ist es jetzt umso dringender, die Menschen nicht alleine zu lassen und die Gefahr eines Ausbruchs zu minimieren. Ich fordere deswegen die EU-Mitgliedstaaten auf, endlich den Geflüchteten, der vollkommen überforderten lokalen Bevölkerung und Griechenland zu helfen und der schrecklichen Situation ein Ende zu bereiten. Es gibt zahlreiche Städte und Gemeinden in Deutschland, aber auch in der EU, die ihre Hilfe angeboten haben. Auf diese Angebote müssen wir jetzt unbürokratisch eingehen.“