16.04.2014

"Nichts gelernt“

Wie wichtig Lebensmittelkontrollen sind, haben die Skandale der vergangenen Jahre um Gammelfleisch, Dioxin-Eier oder Pferdefleisch gezeigt. Doch leider will die Mehrheit im Europäischen Parlament daraus nicht die nötigen Lehren ziehen. Denn die am Dienstagabend im Plenum verabschiedete Verordnung, die die amtlichen Kontrollen von Lebens- und Futtermitteln neu regeln und vereinfachen soll, fällt weit hinter der Position der Fachpolitiker im Ausschuss für Umwelt, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zurück. Wesentlicher Kritikpunkt: die nun vorgesehenen vagen Ausnahmereglungen für Primärprodukte wie Eier und Milch werden dazu führen, dass viele Landwirte von den Gebühren, die für die Lebensmittelkontrollen anfallen, befreit werden. Geld, das am Ende des Tages aber fehlt, um ausreichend Kontrollen in den Betrieben finanzieren zu können. „Das Abstimmungsresultat ist eine echte Enttäuschung und Ergebnis eines intensiven Lobbyings seitens der Landwirtschaftsverbände. Ich bedauere zutiefst, dass die aus der BSE-Krise gezogenen Lehren so einfach in Vergessenheit geraten. Ein effektives Lebensmittelkontrollsystem muss auch Landwirte bei der Erhebung von Gebühren berücksichtigen”, ärgert sich die SPD-Europaabgeordnete und Lebensmittelexpertin Dagmar ROTH-BEHRENDT. Auf der anderen Seite sollen aber sehr kleine Betriebe mit nur wenigen Mitarbeitern nicht in den Genuss von Ausnahmeregeln kommen. Die EU-Kommission hatte in ihrem Vorschlag eine derart hohe Obergrenze für Unternehmensumsätze vorgeschlagen, die zu viele Betriebe einbezogen hätte. Die Sozialdemokraten wollten daher einen niedrigeren Grenzwert ansetzen und auf verhältnismäßige Ausnahmen setzen. Diesen Ansatz hat das Plenum aber abgelehnt. "Was nun übrigbleibt ist ein Freifahrtsschein für Mitgliedstaaten inkohärente und intransparente Ausnahmeregelungen zu treffen. Das kann nicht seriös sein”, so Dagmar ROTH-BEHRENDT. Zudem werden die Mitgliedstaaten bei der Erhebung der Gebühren mehr Flexibilität erhalten als ursprünglich von der EU-Kommission vorgesehen. "Die Mitgliedstaaten sollten aber nicht den Krokodilstränen der Industrie auf den Leim gehen", so Dagmar ROTH-BEHRENDT. "Wer behauptet, dass diese Gesetzgebung die Kosten und Preise in die Höhe treiben wird, vergisst dabei, dass selbst die anteilig umgelegten Kosten marginal sein werden bei der Produktmenge." Zwar konnten die Sozialdemokraten Teilerfolge erzielen und für mehr Transparenz bei Lebensmittelkontrollen sorgen. So müssen etwa künftig die nationalen Behörden angeben, wie viele Kontrollen sie innerhalb eines angegebenen Zeitraums durchgeführt haben. Dagmar ROTH-BEHRENDT wäre aber gerne noch weiter gegangen: „Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wie viele der kontrollierten Betriebe als mangelhaft befunden wurden. Regionale Übersichten hätten zudem zu mehr Transparenz beitragen können – aber leider fand das kein Gehör." Weitere Informationen: Büros Roth-Behrendt +33 3 88 1 77453 und Algara Stenzel +32 473 93 00 60 (Pressesprecherin)