02.04.2014

Patientensicherheit verkauft

Wieder einmal hat das Europäische Parlament seine Arbeit getan, während die Mitgliedstaaten Fortschritte blockieren. Selbst wenn es um das Wohl von Patienten geht, sehen die nationalen Regierungen keinen Grund zur Eile. Bis zum Schluss ließen die Europaabgeordneten die Tür für Verhandlungen offen, um eine überarbeitete Richtlinie für Medizinprodukte schnellstmöglich in Kraft setzen zu können. Am Mittwoch haben sie schließlich die erste Lesung abschließen müssen. Zuvor hatte das Plenum bereits im vergangenen Oktober der Berichterstatterin Dagmar ROTH-BEHRENDT ein Mandat zu Verhandlungen mit Rat und Kommission erteilt. Allerdings fand keine einzige Verhandlungsrunde statt. "Die Mitgliedstaaten haben es nicht geschafft, innerhalb von eineinhalb Jahren eine gemeinsame Position zu Medizinprodukten zu finden", zeigt sich Dagmar ROTH-BEHRENDT, SPD-Abgeordnete und Gesundheitsexpertin verärgert. "Einige Regierungen wollten das Gesetzesverfahren offensichtlich absichtlich hinauszögern. Ich kann nur vermuten, dass sich einige Mitgliedstaaten von der Industrie haben lobbyieren lassen. Schließlich haben das einige Unternehmen auch bei Abgeordneten versucht." Hersteller von Medizinprodukten hatten immer wieder behauptet, ein verbessertes Zulassungssystem würde dazu führen, dass neue und innovative Medizingeräte erst mit großer Verzögerung auf den Markt kämen. "Das ist völlig absurd!", meint Dagmar ROTH-BEHRENDT. "Keiner kann mir erzählen, dass neuartige Hüft- oder Knieimplantate, die zur höchsten Risikogruppe von Medizinprodukten gehören, innerhalb von ein paar Monaten entwickelt werden! Das dauert Jahre. Da werden vier Monate, in denen die klinischen Testdaten von einer unabhängigen Stelle zum Wohle des Patienten überprüft werden sollen, wie es bei Arzneimittel absolut selbstverständlich ist, sicher keine Innnovationen verhindern!" Das neue Parlament muss nun in zweiter Lesung versuchen, die kontroversen Punkte der Gesetzgebung zu lösen: die sichere Wiederaufbereitung von Mehrweg-Medizinprodukten, die Verbesserung des Zulassungsverfahrens für Medizinprodukte, die neu auf den Markt kommen, und bessere Überwachungsmöglichkeiten der sogenannten benannten Stellen, die für die Sicherheitskontrollen von Medizinprodukten zuständig sind. "Ich bin wirklich sehr enttäuscht über die Verzögerung des Gesetzgebungsprozesses", so Dagmar ROTH-BEHRENDT. "Die Abstimmung hätte ein großer Schritt zu mehr Patientensicherheit sein können. Das Resultat unserer Arbeit im Parlament zu diesem Thema ist gut und stärkt den Schutz von Patienten vor fehlerhaften Medizinprodukten und neuen Skandalen. Es ist schade, dass die Mitgliedstaaten aufgrund von plumpen Lobbyismus durch die Industrie und Desinteresse an der Patientensicherheit diese Chance zu einem zügigen Abschluss vertan haben. Das ist ein Armutszeugnis für den Rat und lässt Ärzte und Patienten im Regen stehen." Weitere Informationen: Büros Roth-Behrendt +32 2 28 45453 und Algara Stenzel +32 473 93 00 60 (Pressesprecherin)