12.06.2012

Schengen – Parlament fordert europäische Lösung

Das Europäische Parlament nimmt geschlossen Stellung gegen den jüngsten Ratsbeschluss der EU-Innenminister, beim Verfahren zur Überwachung der Schengen¬regeln dem Europäischen Parlament seine Mitentscheidungsrechte entziehen zu wollen. Sowohl in der Sondersitzung des Innenausschusses am Montagabend als auch während der Plenardebatte unterstrichen die Europaabgeordneten fraktions¬übergreifend die Bedeutung eines gemeinschaftlichen demokratischen Instrumentes und kritisierten die rückschrittliche Politik der Innenminister. „Wenn die Sicherheit an den Schengengrenzen eine europäische Angelegenheit ist, dann brauchen wir ein gemeinschaftliches Instrument, um wirksam überwachen zu können, ob, warum und für wie lange Grenzkontrollen gerechtfertigt sind“, kritisierte Birgit Sippel den Vorstoß des Innenministerrates, dass Mitgliedstaaten im Alleingang ohne die Mitsprache des Europäischen Parlaments ihre Binnengrenzen schließen können. „Die Mitgliedstaaten basteln sich gerade die Möglichkeit zu recht, den Schengen-Raum als Symbol in ihren innenpolitischen Debatten zu missbrauchen“, zeigte sich die Innenexpertin der SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel verärgert. Die sozialdemokratische Fraktion werde alle Möglichkeiten in Erwägung ziehen, politisch und rechtlich (letzteres durch den Europäischen Gerichtshof), um gegen diese Entscheidung vorzugehen. „Es kann nicht hingenommen werden, das Parlament aus diesem Prozess auszuschließen“, so Birgit Sippel. Allerdings ersetze eine formal juristische Auslegung keineswegs die politische Debatte und Verantwortung gegenüber einer der fundamentalen europäischen Errungenschaften, betonte Birgit Sippel. „Die Freizügigkeit und Reisefreiheit für die Menschen in Europa sind zu wichtig, als dass sie in einer Gespensterdebatte untergehen. Wir brauchen keine neuen Binnen-grenzen, sondern müssen gemeinsam unsere Verantwortung für den Schutz der Außengrenzen und die Bearbeitung von Anträgen aller Arten von Flüchtlingen und Einreisewilligen wahrnehmen. Anstatt innerhalb der EU Ängste in der Bevölkerung zu schüren und nationalstaatliche Muskelspielchen auszutragen – und damit zugleich international in Fragen der Menschenrechte unglaubwürdig zu werden –, verlange ich von CSU-Innenminister Friedrich eine klare Aussage, wie er zu einem gemeinsamen, offenen Europa mit solidarischer Verantwortung steht“, so Birgit Sippel abschließend. Hintergrund: Im derzeitigen System wird die Wiedereinführung von Grenzkontrollen unilateral auf nationaler Ebene entschieden. Das Europäische Parlament fordert, dass ein neuer Evaluierungsmechanismus des Schengen-Systems auf EU-Ebene durchgeführt wird. Der neue Evaluierungsmechanismus würde es künftig ermöglichen, Mitgliedstaaten, die außer-gewöhnlich hohem Druck an EU-Außengrenzen ausgesetzt sind, auf ihr Ansuchen hin zu unterstützen.