26.02.2025

Tempo statt Totengräber

EU-Kommission schlägt Deal für saubere Industrie vor

Die EU-Kommission will heute den sogenannten 'Deal für saubere Industrie' vorlegen. Der Clean Industrial Deal soll Wege aufzeigen, wie Europa die Dekarbonisierung der Industrie beschleunigen und zugleich seine Wettbewerbsfähigkeit steigern kann.

Dazu identifiziert die Kommission laut Entwürfen sechs Schwerpunkt-Themen, darunter bezahlbare Energie, den Aufbau von Leitmärkten, Fragen der Kreislaufwirtschaft und des Zugangs zu Rohstoffen. Zudem geht es um globale Partnerschaften und die Finanzierung des Deals. Die Behörde will Änderungen bei öffentlichen Beschaffungen und im Beihilferecht vorschlagen und plant Anpassungen beim CO₂-Grenzausgleich.

Tiemo Wölken, umweltpolitischer Sprecher der S&D-Fraktion: 
"Das Motto des Clean Industrial Deals muss sein: Tempo statt Totengräber. Wir brauchen Tempo bei der Dekarbonisierung Europas, aber keinen Totengräber für den Green Deal. Der Deal für saubere Industrie darf nicht als Alibi für allgemeine Deregulierung dienen, sondern muss gezielt strategisch wichtige Industrien fördern, ohne sich in der Falle des Gießkannenprinzips zu verlieren.

Positiv ist, dass die EU-Kommission mit ihrem ersten Aufschlag das große Ganze über einzelne Sektoren hinweg in den Blick zu nehmen scheint und dabei auch bisherige Schwachstellen des Green Deals angeht, zum Beispiel durch die Schaffung von Leitmärkten. Neben einigen guten Impulsen ergießt sich die EU-Kommission aber auch wieder einmal in vagen Versprechungen, insbesondere bei so fundamentalen Fragen wie der Finanzierung und dringend benötigten öffentlichen Investitionen bleiben die Ankündigungen blass.

Ich fürchte, dass uns mit dem Clean Industrial Deal eine gewaltige Lobbyschlacht um genau diese Fragen bevorsteht. Am Ende besteht die Gefahr, dass sich das Vorhaben der EU-Kommission im Klein-Klein verliert und nicht der große Wurf wird, den Europa so dringend braucht."

Matthias Ecke, Mitglied im Industrieausschuss:
"Europa muss saubere Industrien stärken und emissionsintensive Branchen bei der Klimaneutralität unterstützen. Industriezweige leiden unter hohen Energiepreisen, Bürokratie und mangelnder EU-Koordination. Deshalb begrüße ich, dass der Clean Industrial Deal offenbar zentrale Instrumente miteinander verknüpft, indem er öffentliche Beschaffung, einen klaren Rechtsrahmen für Beihilfen und den Einsatz von öffnenden und defensiven Handelsinstrumenten zusammen denkt. 

Wichtig ist, dass die Kommission einen verlässlichen Beihilferahmen und schnelle Entscheidungen garantiert. Auf diese Weise können Unternehmen mit öffentlichen und privaten Mitteln gefördert werden, die Nachfrage nach EU-produzierten Clean-Tech-Produkten steigt und Investitionen von EU-Unternehmen in Drittstaaten werden erleichtert. Mit niedrigeren Energiepreisen und weniger Bürokratie wird die Industrie gestärkt.

Allerdings scheinen die Finanzierungsvorschläge des Clean Industrial Deal vage zu bleiben – allein eine bessere Abstimmung bestehender Fonds oder die Umwidmung von Strukturfonds wird nicht ausreichen. Derangekündigte Fonds für Wettbewerbsfähigkeit bleibt Zukunftsmusik – eine Wiederholung des 2022 gescheiterten Souveränitätsfonds wäre fatal. Die Problembeschreibung der Kommission stimmt, doch der Deal bleibt bisher vage. Wichtig wird nun sein, was die EU-Kommission in den angekündigten legislativen Maßnahmen daraus ableitet."

Die EU-Kommission zählt im Rahmen des Clean Industrial Deal in erster Linie künftige Legislativ-Vorschläge auf, die sie in den kommenden Monaten vorlegen will.