19.04.2012

Viel Lärm um nichts: Harmonisierung der Energiesteuer macht Diesel nicht teurer!

Entgegen anderslauten Medienberichten haben wir Europaabgeordneten heute nicht über eine Erhöhung der Dieselsteuer in der EU abgestimmt. Genauso wenig ist zutreffend, dass wir SPD-Europaabgeordneten uns für eine Erhöhung dieser Steuer einsetzen. Die Meldungen sind populistische Halbwahrheiten aus der schwarz-gelben Ecke. Richtig ist, dass wir über eine Neufassung der Besteuerung von Energieerzeugnissen beraten haben und eine Stellungnahme verabschiedet haben. Das Europaparlament ist Rahmen des so genannten Konsultationsverfahrens am Gesetzgebungsprozess beteiligt. Das bedeutet, dass der Rat rechtlich nicht verpflichtet ist, das Abstimmungsergebnis des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen. Vielmehr obliegt die Entscheidung allein den Mitgliedstaaten. Sie müssen den Vorschlag einstimmig beschließen. Da Deutschland bereits Ablehnung signalisiert hat, ist die Verabschiedung der Neuregelung unwahrscheinlich. Abgesehen von diesen formalen Gründen zielt die Neuausrichtung aber auch nicht auf eine unmittelbare und erhebliche Steuererhöhung ab, sondern will eine einheitliche Steuerbemessung für Energieträger einführen, die frei von willkürlichen Kriterien ist und auf dem Energiegehalt und den CO2-Emission der Energieträger basiert. Dieses Anliegen unterstützten wir deutschen Sozialdemokraten gemeinsam mit einer breiten Mehrheit im Plenum, denn das aktuelle Steuersystem ist weder objektiv noch verständlich oder überprüfbar. Vor diesem Hintergrund sieht die Neuregelung EU-weit geltende Mindeststeuersätze für Kraftstoffe vor. Für Deutschland bedeutet dieser Ansatz aber keine automatische Erhöhung des Diesel-Preises: Der Mindeststeuersatz für Benzin bliebe mit der neuen Regelung unverändert bei 35,9 Cent pro Liter. Der Mindeststeuersatz für Diesel soll zwar von 33 auf 41,2 Cent pro Liter steigen, aber in Deutschland beträgt die Dieselkraftsteuer bereits heute 47 Cent! An deutschen Zapfsäulen änder sich also nichts. Eine Absage erteilte das Plenum den Plänen der EU-Kommission, das Verhältnis der geplanten neuen Mindeststeuersätze zwischen Benzin und Diesel bis 2023 auf die realen Steuersätze zu übertragen. Damit hätte eine Preiserhöhung für Dieselkraftstoff auch in Deutschland möglich werden können. Da die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten aber nicht von der Neuregelung berührt wird, bleibt die Entscheidung über die absolute Höhe der Kraftstoffsteuer allein bei den Mitgliedstaaten. Solange in Deutschland also niemand auf eine Steuererhöhung hinwirkt, bleibt es bei den aktuellen Steuersätzen. Wir Sozialdemokraten setzen uns auch aus folgendem Grund gegen eine Benachteiligung von Diesel-Fahrzeugen ein: Dieselfahrzeuge haben einen deutlich geringeren Verbrauch und stoßen damit deutlich weniger CO2 aus. Damit sind sie den Benzinern im Kampf für geringere CO2-Emissionen vorzuziehen. Gerade die europäische und vor allem auch die deutsche Industrie zeichnen sich durch die Entwicklung effizienter Dieselmotoren aus. Diese Leistungsfähigkeit darf aus unserer Sicht nicht durch falsche Anreize im Steuersystem konterkariert werden. Wenn die Bundesregierung tatsächlich etwas für Diesel-Fahrer tun möchte, sollte sie die KfZ-Steuer sofort auf den CO2-Ausstoß umstellen. Mit ihren politischen Mehrheiten könnte Schwarz-Gelb diese Regelung in ganz Europa auf den Weg bringen.