18.01.2017

Wie das Kaninchen vor der Schlange

„Aus Angst vor der mächtigen Finanzindustrie suchen die EU-Staaten nach Ausreden gegen die Finanztransaktionssteuer“, so Udo Bullmann, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament. „Die EU-Mitgliedsstaaten stehen bei den Verhandlungen um die Gerechtigkeitssteuer wie das Kaninchen vor der Schlange.“ Das Thema steht am Mittwochabend im Europäischen Parlament in Straßburg auf der Tagesordnung. Seit mehr als drei Jahren arbeiten elf EU-Mitgliedstaaten an der Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Im Oktober 2016 kam auf Vermittlung von Finanzkommissar Pierre Moscovici endlich eine Grundsatzeinigung auf die wesentlichen Eckpunkte dieser Steuer der Gerechtigkeit zustande. „Gemeinsam mit dem österreichischen Finanzministerium, das die Arbeitsgruppe der beteiligten Staaten leitet, hat der Sozialdemokrat Moscovici die Mitgliedstaaten zum Jagen getragen. Seiner Arbeit ist es zu verdanken, dass Missverständnisse unter den beteiligten Staaten ausgeräumt und endlich ein ebenso stringentes wie praktikables Steuerkonzept auf den Tisch gelegt werden konnte“, resümiert Udo Bullmann. „Die Mitgliedstaaten mussten den Sack im Grunde nur noch zubinden. Dennoch scheint sie der Mut, Exzesse einzudämmen und die Finanzwirtschaft durch die Steuer endlich an den Krisenkosten zu beteiligen, schon wieder verlassen zu haben. Die für Dezember 2016 anvisierte Verabschiedung einer entsprechenden Gesetzesvorlage kam jedenfalls nicht zustande“, so Udo Bullmann. Seitdem liegt das Projekt europäische Finanztransaktionssteuer auf Eis. „In den vergangenen Monaten erreichten uns immer wieder Meldungen, dass sich einzelne Regierungen drücken und den gesamten Verhandlungsprozess sabotieren wollten“, so Udo Bullmann. „Während der eine dem Druck der Finanzlobby nachgab, war der andere scharf darauf, Finanzinstitute aus der Londoner City abzuwerben. Aus Angst, sich öffentlich ehrlich zu machen, wurden solche Manöver immer wieder mit falschen Zahlen zu den Kosten der Steuer begründet - oder gleich mit der Ausflucht verbunden, man wolle doch lieber mit den G20 oder innerhalb der OECD verhandeln. Wer sich in solchen Schwindeleien und Ablenkungstaktiken ergeht, trägt ein dickes Päckchen Mutlosigkeit dort, wo bei anderen das Rückgrat sitzt.“. Europa ächzt nach wie vor unter den Folgen der schwersten sozialen Krise der Nachkriegsgeschichte. „Mehr als ein Viertel der Kinder in Europa sind von Armut bedroht, elf Millionen fehlt der Zugang zu essentiellen Gütern wie gesunder Ernährung oder einem warmen Zuhause“, so Udo Bullmann. „Wer hier weiterhin auf die geschätzten 35 Milliarden Euro Steuereinnahmen aus der Finanztransaktionssteuer verzichtet und stattdessen lieber weiter auf eine einseitige Kürzungspolitik setzt, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir Sozialdemokraten fordern die beteiligten Mitgliedstaaten auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben, gegen schädliche Finanzspekulationen aktiv zu werden und sich für eine angemessene Finanzierung des Gemeinwohls zu entscheiden“. Weitere Informationen: Büro Bullmann +32 2 28 47342 und Jan Rößmann + 32 473 86 45 13