22.04.2024

Abkommen ist nicht mehr zeitgemäß

Ausstieg der EU aus dem Energiecharta-Vertrag

Das Europäische Parlament wird am Mittwoch voraussichtlich für einen Austritt der EU aus dem Energiecharta-Vertrag stimmen. Mit dem internationalen Abkommen, das 1998 in Kraft getreten ist, sollten ursprünglich Investitionen im Energiesektor geschützt werden. Es enthält unter anderem Bestimmungen zum Investitionsschutz und zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (Investor-Staat-Streitbeilegungssystem). Unter den noch gültigen Energiecharta-Regeln können Energieunternehmen Regierungen verklagen, zum Beispiel im Falle von staatlichen Entscheidungen, welche die Nutzung fossiler Energieträger einschränken.

Jens Geier, industriepolitischer Sprecher der Europa-SPD:

"Der Austritt der EU aus dem Energiecharta-Vertrag ist lange überfällig. Die EU-Mitgliedstaaten können jetzt die notwendigen Rahmenbedingungen für Maßnahmen zur Dekarbonisierung ihrer Energieversorgung schaffen. Das ist gut für die Bürger:innen sowie für die Umwelt und hilft langfristig auch Unternehmen dabei, nachhaltige Investitionsstrategien zu verfolgen.

In der aktuellen Form steht der Energiecharta-Vertrag den nationalen Klimaschutzpolitiken und den Bestrebungen für die Sicherstellung eines gerechten Übergangs entgegen. Der Vertrag ist weder mit den Pariser Klimaschutzzielen, noch mit der Durchsetzung der Energiepolitik der EU, dem Europäischen Grünen Deal und den Prioritäten des EU-Parlaments vereinbar. Um die EU-Klimaziele erreichen zu können, benötigen wir eine langfristige Strategie welche den Ausbau der erneuerbaren Energien umfasst."

Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses:

"Dank des Drucks des Europäischen Parlaments tritt die EU endlich aus diesem veralteten Vertrag aus. Besser spät als nie. Auch wenn der Modernisierungsprozess einige positive Änderungen mit sich brachte, hätte er das System der Investor-Staat-Streitbeilegung vorerst intakt gelassen. Es ist nicht hinnehmbar, dass EU-Investoren die Regierungen der Mitgliedstaaten verklagen, weil sie eine legitime Klimapolitik verfolgen. Wir sollten unsere öffentlichen Gelder nutzen, um den Green Deal zu verwirklichen und nicht um Unternehmen zu entschädigen, die noch immer auf fossile Brennstoffe setzen. Natürlich hoffe ich, dass nun auch viele weitere Mitgliedstaaten dem Beispiel Deutschlands folgen werden, das den Vertrag bereits verlassen hat.

Mit dem EU-Austritt aus dem Vertrag nehmen wir endlich eine der letzten Hürden auf dem Weg zur Klimaneutralität. Gleichzeitig sollten wir uns bewusst sein, dass wir noch mehr tun können. In der nächsten Legislaturperiode brauchen wir unbedingt neue Gesetze, die sicherstellen, dass auch Exportkreditversicherer nicht mehr in Projekte investieren können, die schädlich für das Klima und die Menschen sind. Auch hier werden Millionen von Steuergeldern nicht gründlich geprüft. Unsere Hausaufgaben sind also noch nicht vollständig gemacht."

Nächste Schritte: Nach Annahme im Rat wird das Austrittsgesuch beim Generalsekretariat des Energiecharta-Vertrags eingereicht.