03.07.2013

Fünf Forderungen gegen Jugendarbeitslosigkeit

Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in Europa nähert sich sechs Millionen. Die Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen schadet Europa – und damit auch Deutschland. In der Bundesrepublik liegt die Quote der erwerbssuchenden Jugendlichen bei vergleichsweise niedrigen 7,9 Prozent. Die Bundesregierung schämt sich nicht, die wachsende Kluft zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern als deutsche Erfolgsgeschichte zu verkaufen. Die Solidarität steht hinten an. Dabei ignoriert die schwarz-gelbe Koalition, dass Europas Schicksal mittelfristig auch Deutschlands Schicksal ist. Langsam dämmert es Angela Merkel, dass sie das Problem nicht länger beiseite schieben kann. Kurz vor den Wahlen inszeniert sie plötzlich Tatkraft und verkauft sozialdemokratische Ideen als die ihrigen. Die praktische Umsetzung erfordert jedoch strukturelle Veränderungen und ein Umdenken, zu dem die Bundesregierung offenbar nicht bereit ist. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament hingegen verlangen seit langem vier Maßnahmen gegen die grassierende Jugendarbeitslosigkeit in Europa: 1. Einen gerecht ausgestatteten und soliden Finanzrahmen zur Beschäftigung junger Europäer Der Rat der Arbeitsminister räumt einer Jugendgarantie 6 Milliarden Euro ein. Das ist völlig unzureichend. Vor allem wenn man die Zahl mit den mindestens 700 Milliarden Euro vergleicht, die zur Rettung der Banken mobilisiert wurden. Laut der internationalen Arbeitsorganisation müssten die Entscheidungsträger 21 Milliarden Euro mobilisieren, um die Jugendarbeitslosigkeit in der Eurozone effektiv zu bekämpfen. Die Versorgung arbeitsloser Jugendlicher kostet uns im Vergleich 100 Milliarden Euro jährlich. Die Jugendgarantie kann allerdings nur eine Übergangslösung sein, um Jugendliche davor zu bewahren, in die Langzeitarbeitslosigkeit abzurutschen. Dauerhaft brauchen wir einen europäischen Arbeitsmarkt, der Ausbildung und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze für alle Menschen vor Ort sichert. 2. Investitionen in die Schaffung von Arbeitsplätzen Wir brauchen eine aktive Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik mit der wir Ausbildungsplätze schaffen, anstelle einer reaktiven Politik mit der wir Arbeitslosigkeit finanzieren. Im vorherigen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) blieben alleine im Europäischen Sozialfonds 30 Milliarden Mittel unberührt und flossen zurück in die nationalen Haushalte. Mit einem Drittel dieser Gelder hätte man in den kommenden beiden Jahren zwei Millionen Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen können. Im Rahmen der Verhandlungen für den MFR 2014-2020 haben die Sozialdemokraten ihre Forderung nach genügend Flexibilität durchgesetzt, um die 6 Milliarden Euro für die Jugendinitiative und das Erasmus-Programm auf die ersten beiden Jahre der Periode vorzuziehen. Anschließend wird aufgestockt. Ungenutzte Mittel können von nun an bis zu einem jährlich gedeckelten Betrag wiederverwendet werden. Wir müssen sicherstellen, dass diese ungenutzten Mittel für sinnvolle Investitionen zur Widerbelebung der Wirtschaft verwendet werden. 3. Verbesserung der nationale Bildungssysteme Für eine grundlegende Überarbeitung der Bildungssysteme müssen nationale Regierungen aktiv werden. Die Verbreitung des dualen Ausbildungssystems ist grundsätzlich ein guter Ansatz. Das bedeutet allerdings eine langfristige Umstellung für zahlreiche Staaten. In der Bundesrepublik hat die duale Ausbildung eine lange Tradition. Für die Umsetzung in anderen Ländern müssen die Mitgliedstaaten mit einer Einführungszeit von mindestens zehn Jahren rechnen. Eine grundlegende Voraussetzung ist jedoch auch hier eine funktionierende Wirtschaft mit Unternehmen, die ausbilden können und wollen. Die OECD stellt in ihrem Bildungsbericht 2013 die Beziehung zwischen Bildung und Beschäftigung ganz klar dar. Wir brauchen eine Mindestquote aus dem Bruttosozialprodukt der Mitgliedsstaaten, die sie verpflichtend in die Reform ihrer Bildungssysteme aufwenden müssen. 4. Gesamteuropäische Initiativen für einen gemeinsamen Ausbildungsmarkt Bilaterale Projekte sind ein guter Ansatz. Jedoch reichen sie zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit nicht aus. Bei 964.000 Arbeitslosen in Spanien ist der Vorschlag der Bundesarbeitsministerin, 5.000 Spaniern eine Stelle in Deutschland anzubieten, ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen gerade jetzt keine politischen Alleingänge, die Europa aufsplittern, sondern einen ganzheitlichen Ansatz, um die Ungleichgewichte in Europa auszugleichen. Griechenland mit 62,5 Prozent Arbeitslosigkeit und Österreich mit 7,5 Prozent stehen sich jeweils an der Spitze der Skala gegenüber und zeigen das extreme soziale Gefälle innerhalb der EU. Wenn wir Populismus und Fremdenhass vorbeugen wollen, müssen wir gemeinsam aktiv werden. Deshalb fordern wir die Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, schnellstmöglich länderspezifische Empfehlungen vorzustellen, um die verfügbaren Mittel des EU-Haushaltes in konkrete Maßnahmen umzusetzen. 5. Wachstumskurs durch verbindliche Ziele festlegen und kontrollieren Zum Abfedern der Krise wollen wir keine weiteren zwischenstaatlichen Abmachungen. EU-Parlament und Ministerrat sollten im Rahmen des Europäischen Semesters, der jährlichen Haushaltsüberwachung auf europäischer Ebene, verbindliche Wachstumsziele festlegen. Ausgaben in Forschung und Entwicklung, Ziele zur Armutsreduzierung oder Beschäftigungsraten von Jugendlichen würden dann mit der gleichen Härte überwacht und durchgesetzt, wie die Einhaltung der Budgetziele im Rahmen des Stabilitätspakts. Den Mitgliedstaaten sollten finanzielle Anreize zur Erreichung der Wachstumsziele gesetzt werden.